Reportret

Galerie rekonstruierter Porträts


Erstellt: 2004
Veröffentlicht: 2004
Geändert: 2012


Das rekonstruierte Porträt Herodots

Herodot

Während seines Lebens sah Herodot (*484–†425 vuz, ›Herodotos‹ in seiner Sprache) viel der Welt, die damals den Griechen bekannt war. Er wurde in Halikarnassos (dem heutigen Bodrum in der Türkei) geboren, wohnte vorübergehend auf Samos, besuchte Athen, Delphi, und Sparta, machte Reisen nach Ägypten, nach Babylon, und zur Nordküste des Schwarzen Meeres, und siedelte sich letztendlich in Thourioi an, in Süditalien, wo er starb. Er war wissbegierig über die Kriege, die die Grieche mit Barbaroi (= ›nicht-Griechen‹) führten, insbesondere über die Hintergründe und Ursachen des jeweiligen Konflikts: des Zusammenstoßes zwischen Osten (Persern) und Westen (Griechen). Herodot entpuppte sich als Forscher und schrieb — anhand seiner eigenen Beobachtungen, Unterredungen mit Auskunftgebern, Erzählungen, und schriftlicher Quellen — einen umfangreichen Bericht, der unter dem Titel Historiai (= ›Untersuchungen‹) bekannt werden sollte. Er umfasst die damalige neue Vergangenheit und die Gewohnheiten der Griechen, Perser, Ägypter, und Skythen. Weil Herodot einer der Ersten war, die versuchten wissenschaftlich über die Vergangenheit zu berichten, wird er schon als ›Vater der Geschichte‹ betrachtet.

Wie sollten wir uns das Aussehen Herodots vorstellen? Zu seiner Erscheinung ist nichts bekannt, jedoch ist es schon möglich, einige Tatsachen vorauszusetzen. Herodot muss ein reicher Mann gewesen sein, denn die Reisen, die er machte, waren teuer und er hatte offensichtlich seine Hände frei, um sich mit seiner zeitraubenden Forschung zu beschäftigen. Er hatte vielleicht einflussreiche Freunde, unter deren Schutz er sich frei und sicher durch die Welt bewegen konnte. Weiter hatte er genügende Ausbildung empfangen, um lesen und schreiben zu können. Herodot gehörte also offenbar zur Oberschicht der Gesellschaft und sein Aussehen muss dazu gepasst haben. Dieses Aussehen ist regelmäßig auf bemalter Keramik seiner Zeit dargestellt worden. Ein vornehmer Mann im klassischen Griechenland trug normalerweise ein Himation: einen dünnen, langen Mantel, der locker um den Körper gewickelt wurde. Oft blieb ein Teil des Oberkörpers entblößt, aber manchmal trug er unter dem Mantel einen Chiton: ein langes, gefaltetes Hemd, das bis die Knöchel reichte, mit einem Gürtel um die Taille. Dazu trug er (als älterer Mann) einen Schnurrbart, einen vollen Bart, und halblanges Haar mit einem Haarband. Verwickeltes Haarflechten war im fünften Jahrhundert vuz mittlerweile aus der Mode gekommen.

Welcher Stil war allgemein geläufig zur Zeit Herodots? Die Malereien auf der vorher erwähnten Keramik des fünften Jahrhunderts vuz sind meistens im sogenannten ›rotfigurigen Stil‹ ausgeführt worden. Neben der orangeroten grundlegenden Farbe der Figuren (der Farbe des Tones) kennzeichnet dieser Stil sich durch eine ziemlich realistische Wiedergabe der Wirklichkeit, mit schwarzen und teils purpurroten oder weißen, geschmeidigen Pinselstrichen dargestellt. Die abgebildeten Haltungen von Menschen sind gelegentlich dennoch ein wenig unnatürlich und Körperteile wurden häufig (jedoch nicht immer) ein wenig forciert in Seitenansicht wiedergegeben. Eine gerade Nase war offensichtlich das Schönheitsideal. Die Bilder suggerieren kaum Tiefe und enthalten nie Perspektive. Der Hintergrund ist immer uni schwarz.

Die folgenden Details sind ins rekonstruierte Porträt aufgenommen worden. Die Kleidung und die Frisur Herodots sind anhand der Beispiele auf der bemalten Keramik des klassischen Zeitalters wiedergegeben worden. Zusätzlich hat er zwei Gegenstände, die zu einem Reisenden passen: den Petasos — einen Strohhut mit breiter Rand, der an der Schnur auf der Rücke gehangen werden konnte — und einen Wanderstock. Weiter ist Herodot abgebildet, als ob er im Begriff ist, sich eine Notiz zu machen auf einer Wachstafel (nein, es ist kein Laptop!) mit einem Stylus — einem spitzen Schreibgerät aus Schilf, Knochen, oder Metall.


Haben Sie einen Vorschlag oder eine Bemerkung anlässlich dieser Rekonstruktion? Jeder Kommentar ist sehr erwünscht. Sind Sie neugierig nach wie dieses Porträt heute aussehen würde, wenn es existiert hätte und wenn es erhalten geblieben wäre? Eine der Fälschungen beruht auf dieser Rekonstruktion.


Quellen

  • Herodotos, Historiai (450–430 vuz).
  • Einige passende Beispiele von bemalter Keramik im ›rotfigurigen Stil‹:
    • Der ›Hermaios-Maler‹, Kylix (Trinkschale) mit einem Bild des Gottes Dionusios, in einem Chiton und einem Himation gekleidet, Rossija: Sankt-Peterburg: The State Hermitage Museum, B 2021 (Attika um 520 vuz). Dies ist ein frühes Beispiel des ›rotfigurigen Stiles‹: noch immer sehr hölzern und weniger realistisch.
    • Douris, Kylix (Trinkschale) mit Ausbildungsszenen, Deutschland: Berlin: Staatliche Museen zu Berlin: Antikensammlung, F 2285 (Attika um 480 vuz). Auf dieser Trinkschale sind Lehrer und Lehrlinge abgebildet (alle in Himation), die mit Musikinstrumenten, einer Papyrusrolle, und einer Wachstafel mit Stylus beschäftigt sind.
    • Lekythos (Ölflasche) mit einem Bild von zwei Männern in Chiton und Himation, Nederland: Amsterdam: Allard Pierson Museum, apm 00698 (Attika um 465 vuz). Das Bild zeigt einen älteren Mann mit Schnurrbart und Bart, Lorbeerkranz, und Stab, und einen jüngeren Mann ohne Schnurrbart oder Bart, mit einer Wollmütze.
    • Der ›Kleophon-Maler‹, Stamnos (Weinfass) mit einer Darstellung eines Hoplits und seiner Familie, Rossija: Sankt-Peterburg: The State Hermitage Museum, B 1148 (Attika 440–435 vuz). Die Darstellung des Hoplits (hoplites = ›Krieger‹, von hoplon = ›Waffe‹ abgeleitet), der sich von seiner Frau und Eltern verabschiedet, zeigt, dass der ›rotfigurige Stil‹ sich letztendlich zu einem zierlichen und natürlichen Stil entwickelte. Der Vater trägt ein Himation.
    Viele andere Beispiele sind in die Kollektionen von u.a. The British Museum (London), dem Musée du Louvre (Paris), The Metropolitan Museum of Art (New York), und dem Kunsthistorischen Museum (Wien) aufgenommen.

Alternativen für ›Herodot‹: Hérodote / Heródote / Herodoto / Herodotus / Herodotos.

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